2016 - Die Deutsche Posaune im Vogtland

2016 - Sonderausstellung im Musikinstrumenten-Museum Markneukirchen,
Die zusammenfassende Informationsschrift dazu erschien in: Sonic 5-2017, S. 14-17

Beitrag von Von Andreas Zach
Fotos Frank Fickelscherer-Faßl

Anfang Mai 2017 versammelten sich gut 50 Experten rund um die Posaune im vogtländischen Markneukirchen. Sie alle vereint das Interesse an der Geschichte des sächsischen Posaunenbaus. Unter ihnen nicht nur Posaunisten, sondern auch Sammler, Musikwissenschaftler und Instrumentenbauer.

Anlass war die Eröffnung der Sonderausstellung "Die Deutsche Posaune im Vogtland - Vogtländischer und Leipziger Posaunenbau vom Beginn um 1800 bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts". Nun bekomme ich Anfang August die unverhoffte Gelegenheit einer exklusiven Führung durch die Ausstellung.

Mein Begleiter ist Mario Weller vom Verein der Freunde und Förderer des Musikinstrumenten-Museums Markneukirchen e.V.

Mario Weller in der Posaunenausstellung

Aber auch rein wirtschaftliche Beziehungen verbanden beide Zentren. Dies spiegelt
sich im Ankauf von im Vogtland hergestellten Teilen bis zu ganzen Instrumenten
wieder, die, mit der Gravur eines Leipziger Herstellers versehen, um einiges teurer
verkauft wurden.

Die Markneukirchener Ausstellung zeigt 69 Posaunen, wobei es den Machern nicht
leichtgefallen ist, aus der Vielzahl an angebotenen Posaunen eine Auswahl zu treffen.
46 Instrumente sind Leihgaben von Mitgliedern des Vereins für Mitteldeutsche
Posaunengeschichte.

Weitere Posaunen stammen aus Privatsammlungen sowie aus dem Bestand des Markneukirchener Museums,
des Grassi Museums Leipzig und aus der Viadrina in Frankfurt. Aus der Oderstadt kommt der Exot der Ausstellung
- die Helikonposaune von August Richard Weller, ein in der Tat skurriles Stück, um 1900 im Vogtland gebaut.

Der Beginn der Ausstellung und gleichzeitig Ausgangspunkt für den Besuch des gesamten Musikinstrumenten-Museums ist der Raum
mit Riesengeige und Riesentuba. Hier steht auch der alte Pfretzschner-Schrank, der traditionell immer Exponate von Sonderausstellungen
enthält um den Besucher auf den Geschmack zu bringen.

Genauso ist es nun dieses Mal bei der Posaunenausstellung. Als Vorläufer der Deutschen Posaune, wie sie im Mittelpunkt
der Ausstellung steht, enthält der Schrank neun Instrumente. Diese kennzeichnen den Übergang von der klassischen
Posaune, aus der sich die Bauform der Deutschen Posaune entwickelte.

Zu sehen sind u. a. eine Diskant- und eine Tenorposaune des Herstellers Johann Georg Eschenbach. Sie wurden
1796 in Markneukirchen hergestellt und sind die beiden ältesten Exponate der Ausstellung.

Die Ausstellung schließt an eine ähnliche Schau des Vereins fur Mitteldeutsche
Posaunengeschichte e.V. in Leipzig aus dem Jahr 2010 an.
Viele Exponate kommen von dessen Mitgliedern. Sie beschränkt sich räumlich
auf das Vogtland und die Stadt Leipzig, da es zwischen beiden Regionen
untrennbare Zusammenhänge gibt.

So wanderte der Vogtländer Johann Christoph Gottlieb Penzel (geboren 1817 in Grün bei Bad Elster, Vogtland, gestorben 1879 in Leipzig)
nach Leipzig aus. Er gilt als Erfinder der Deutschen Posaune. Penzel war der Schwiegersohn und Werkstattnachfahre des bedeutenden Leipziger Instrumentenmachers Christian Friedrich Sattler (1778-1842).
Dieser erweiterte in den 1830er Jahren den Schallstückdurchmesser sowie die gesamte Mensur der Posaune, wodurch der Klang weicher
und dunkler sowie der dynamische Umfang größer wurde. Standardmaß des Schallstücks waren bald 23 Zentimeter, Durchmesser bis hin
zu 27 Zentimetern bei den Bassposaunen.

Das Penzel-Modell traf bei den Instrumentenbauern der damaligen Zeit auf großen Zuspruch und findet mit entsprechenden
Modifizierungen heute noch Anwendung. 1839 konstruierte Sattler das Quartventil. Auf einem der sehr informativen
Aufsteller in der Ausstellung zeigt ein historischer Stich aus der Mitte des 19. Jahrhunderts die Leipziger Querstraße,
Sitz der Werkstatt von Sattler und Penzel.

Alschausky & Heber, Leipzig/Markneukirchen 1920-23, Leihgabe lnes Ann Heber, Aachen: Totalansicht, Stempelung, evtl, Kranz

Die Deutsche Posaune - wo fängt man an? Und wo ging es los? Die Ausstellungsmacher haben sich bemüht, die Ausstellung sowohl für Profis als auch für Laienposaunisten interessant zu gestalten und dies ist unbestrittenermaßen gelungen. Die Entstehungsjahre der Exponate enden in den späten 1940er Jahren, um einen Schnitt zu machen, denn in den Folgejahren haben sich Mischformen der amerikanischen und deutschen Bauweise etabliert.

Der erste Schrank zeigt Posaunen der Leipziger Instrumentenmacher Sattler aus den Jahren 1820 bis 1840, Penzel184S-1865 und den Nachfahren der Penzel'schen Werkstatt aus der Mitte der 1920er Jahre. Gezeigt werden Tenor-, Tenorbass- und Altposaunen. Soweit vorhanden, zeigt die Ausstellung immer einen kompletten Satz des jeweiligen Herstellers. Weiterhin zählen Robert Schopper, Friedrich
Schlott, Julius Heinrich Zimmermann und Gustav Gerhard Ullmann zu den bedeutenden Posaunenmachern aus Leipzig.

Zehn Instrumente dieser Instrumentenbaumeister bereichern die Exposition, darunter eine Secundposaune von Robert Schopper aus der Zeit um 1895.
Posaunen mit Sekundventil finden wir noch heute, vor allem in Form der B/C Posaune mit verkürztem Zug den Anfängerunterricht.
Die Posaune von Robert Schopper hingegen ist in H und wird mit gedrücktem Ventil nach B verlängert. So war das Musizieren in der Kirche mit den hoch gestimmten Orgeln möglich. Von den Leipziger Stücken spannt sich der Bogen nach Markneukirchen. Bemerkenswert hier der Herstellername "Alschausky & Heber".

Josef Franz Serafin Alschausky (1879-1948), bis zu seiner Auswanderung nach Amerika berühmter Posaunist des Leipziger Gewandhausorchesters, bat 1920 darum, ein Nebengewerbe als Musikinstrumentenhändler anzumelden. Es gab in Leipzig wohl ein Ladengeschäft mit angeschlossener Werkstatt, in der Alschausky verkaufte. Gebaut wurden die Instrumente aber wahrscheinlich im Vogtland.
Alschausky hat mit vielen Herstellern probiert und "sein Instrument" gesucht. In alten Katalogen werden Schallstücke mit Alschausky Mensur aufgeführt. Scheinbar war er allerdings nie wirklich zufrieden. Die Zusammenarbeit mit Oskar Richard Heber endete dann recht schnell und es soll blutige Lippen gegeben haben - und das nicht vom vielen Spielen.

Im Haus des Herstellers Oskar Richard Heber in Markneukirchen wurde auf dem Dachboden ein Etui mit einer in der Ausstellung zu sehenden Posaune gefunden. Stempel und Seriennummer 504 Werkstätte Alschausky & Heber, Leipzig. Die Posaune ist aufgearbeitet, lackiert, sieht fantastisch aus. Gespielt wird sie sicher nicht mehr. Sie verbleibt möglicherweise als Dauerleihgabe im Musikinstrumenten-
Museum Markneukirchen. Für diese und weitere kostenfreie Aufarbeitungen sowie Rückbauten und Instandsetzungen an den Ausstellungsstücken zeichnen die Markneukirchener Instrumentenmachermeister Kerstin Voigt, Stephan Voigt und Klaus Wolfram verantwortlich.

Nicht wenige Namen in der Ausstellung bezeichnen später fast ausschließlich Händler. Alle haben zwar als Instrumentenmacher begonnen, dann jedoch festgestellt, dass der reine Verkauf von Instrumenten weniger anstrengend, aber lukrativ ist. Mehr noch, wenn die fertigen Stücke günstig in Böhmen erworben werden konnten. Als Händler sollen W. Ed. Voigt jr., Schuster & Co. (größte Musikinstrumentenfabrik in Markneukirchen bis 1943) sowie August Dürrschmidt
erwähnt werden. Bedient wurden Virtuosen, Berufsposaunisten und Professoren ebenso wie der Laie, gebaut darüber hinaus Instrumente für den Export nach Amerika oder Südeuropa, Dazu zählt beispielsweise die Ventilposaune in kurzer Bauart. Hier bereichern ebenfalls Exponate die Ausstellung.

Unbedingt zu nennen ist die Firma von Robert Piering in Adorf. Er war einer der hervorragenden Posaunenbauer der damaligen Zeit und Erfinder des "Posaunenzuges mit Führung" zur Erleichterung der Zugbewegung. Piering löste sich von Händlern und nahm selbstständig Kontakte zu Orchestern und Posaunisten auf, woraus sich z. B. die bereits erwähnte Neuerung ergab. Die Ausstellung zeigt zwei Kontrabass-Doppelzugposaunen von Anton Robert Piering (7857-1942). Eines der beiden Instrumente ist das Baumuster und auf dem Plakat zur Ausstellung zu sehen.

So sollen nun möglichst viele Posaunistinnen und Posaunisten, vor allem junge Posaunenschüler mit ihren Lehrern, neugierig
gemacht sein, um die Gelegenheit zu nutzen und noch bis zum 31. Oktober (2016) dieses Jahres einen Ausflug in das wunderschöne Vogtland mit einem Besuch der Ausstellung zu verbinden. Die Schau ist mit viel Liebe, Engagement und vor allem (Frei-) Zeit aufgebaut.

Hier soll stellvertretend für viele andere Dirk Arzig erwähnt werden, der an der Umsetzung der Ideen und an der Gestaltung der Exposition einen großen Anteil hatte. Ebenso waren Professor Rolf Handrow und Günter Hett sowie Sebastian Krause und Hans-Martin Schlegel vom Vorstand des Vereins für Mitteldeutsche Posaunengeschichte mit wertvoller Beratung, Hilfe und Zuarbeit zur Stelle. Beim Aufbau der Exposition in den Räumen des Museums halfen Frank Fickelscherer-Faßl, Hans Martin Schmidt und Sumito Ikanawa.

Besuchern der Ausstellung empfehle ich vorherige Kontaktaufnahme zu Mario Weller. Mit ihm wird der Besuch der Posaunenschau ein noch informativeres und wertvolleres Erlebnis. Nach dem Museum lohnt sich der Besuch der Markneukirchener Posaunenmacher und der Genuss eines echten vogtländischen Sauerbratens!